Angst vor dem Dschihad?

amigosirak27In den letzten Wochen überlege ich oft, ob uns Europäern die Gefahr des islamischen Fundamentalismus in ihrer Schärfe bewusst ist. Ich schreibe hier über meine Heimat Spanien (aber diese Gedanken können gut auch für andere europäische Länder stehen, Anm. d. Übers.). Ist es so, dass wir das Problem nicht erkennen, weil wir es noch zu fokussiert auf eine bestimmte Region sehen, oder weil es uns scheint, dass es ausschließlich ein Problem nationaler Sicherheitsdienste ist, oder weil wir einfach betroffen wegschauen? Auf jeden Fall ist die Gefahr mehr als existent. Und zwar geographisch in doppelter Hinsicht: außerhalb Spaniens und im eigenen Land. Wenn wir auf die muslimische Welt außerhalb unserer Grenzen schauen, ist der radikale Islamismus schon eine Zeit lang einfach „da“: Gibraltar, Ceuta, Melilla… Nur 14 km von der spanischen Halbinsel entfernt. Und schauen wir in unser Land, so fallen regelmäßige Polizeiaktionen gegen radikale Gruppierungen auf, Nachrichten von der Aushebung radikaler Zellen: Ceuta, Melilla, Madrid, Barcelona, Valencia, Saragossa…. Doch so einfach ist es nicht und Gefahr lauert nicht nur dort. Ich möchte es etwas zugespitzt formulieren: die Nachricht vom rechtzeitigen Verhindern eines geplanten Attentates und der Verhaftung einiger Verdächtigen dürfte uns gar nicht in Panik versetzen. Die Polizei soll ihrer Arbeit nachgehen und potentielle oder reelle Terroristen unschädlich machen: das sollte uns nicht ängstigen sondern im Gegenteil beruhigen! Der Kern des Problems liegt aber woanders: Es scheint, dass wider alles Erwarten radikaler Islamismus heute große Überzeugungskraft besitzt. In Spanien und anderen europäischen Ländern gibt es eine wachsende muslimische Minderheit. In Prozentzahlen ist sie klein, zB sind in Spanien 3,6 % der Bevölkerung islamischen Glaubensbekenntnisses. In absoluten Zahlen umfasst sie aber 1.700.000 Personen.

Der fundamentalistische Islam ist gewalttätig und sein Fanatismus ist komplex, vielfältig und schwer mit einfachen Mustern zu analysieren oder gar zu durchschauen. Von den vielen Fragen, die er aufwirft, möchte ich mich hier auf eine einzige konzentrieren: nämlich auf unsere Haltung zur muslimischen Bevölkerung im eigenen Land, egal ob mit EU-Staatsbürgerschaft oder noch ohne. Politische Analysen zeigen, dass viele unserer muslimischen Mitbürger entweder schon mit dem Dschihad liebäugeln oder das in naher Zukunft tun werden. Ihr Ziel ist aber kein Übersiedeln ins Kalifat- Nein, sie hoffen, ihre Aktivität genau hier ausüben zu können.

Das ist meiner Ansicht nach der Punkt: muslimischen Gläubigen, die sich unter uns angesiedelt haben und ihren Kindern, die im Westen auf die Welt gekommen sind, bietet ebendieser Westen – bieten wir Nichtmuslime – keine einzige Wahrheit an, die ein Gegengewicht zu den fundamentalistischen Aufrufen ihrer Glaubensgenossen ausmachen könnte. Wir bieten nichts an, weil wir eigentlich selbst nichts haben. Was wir geben können – und das stellen wir als erreichbares Ziel an, und deshalb bleiben diese Leute bei uns – ist ein materialistischer Lebensstil, ein bequemes Dasein. Wir geben einen Teil unseres Reichtums, unsere öffentlichen Ressourcen wie Kommunikationsmittel, Schulen, Spitäler etc. und wir überlassen ihnen vor allem die Arbeitsplätze, die wir selber nicht haben wollen. Das geben wir ihnen, das akzeptieren sie, und nützen es auch aus. Aber wir vergessen leicht, dass „Komfort“ die tiefen Sehnsüchte des menschlichen Herzens nicht stillen kann. Materialismus war noch nie Nahrung für eine hungrige Seele. Wir können ihn in noch so in schöne und kitschige Worte kleiden wie „Lebensqualität“ oder „Niveau“. Wollen wir nicht zugeben, dass das nichts anderes ist als die moderne Version des antiken „Brot und Spiele“? Der Großteil von uns „Westlichen“ kann Immigranten keine tragfähige Identität geben, weil wir selber keine haben. Die meisten von uns leben bequem eingelullt und ohne weiteren Horizont als ein hedonistisches und konsumistisches Leben und es kommt so weit, dass wir nicht einmal mehr verstehen, dass „der Mensch nicht vom Brot allein lebt“. Und dass sich „Leben“ nur lohnt, wenn man es für erhabene, edle Ziele verausgabt. Hand aufs Herz: mit Ausnahme von kleinen Gruppen und seltenen Initiativen bietet niemand der Generation unserer Jugendlichen irgendwelche Herausforderungen mehr an, wir gestehen ihnen nicht einmal zu, ihre eigenen Träume oder Ideale zu haben, wir sind nicht in der Lage, ihre Begeisterung zu wecken. Das ist vielleicht das Gravierendste: wir stecken sie nicht mit Begeisterung an.

Und genau das, was wir als Gesellschaft nicht weitergeben – weil keiner geben kann, was er selbst nicht hat – ist es, was sie im Fundamentalismus finden können. Womit kann man einen jungen Muslim im Westen begeistern? Mit einem auseinanderfallenden Familienmodell und Genderideologie? Mit unendlichen Nächten in schrillen Diskotheken? Mit Sexorgien und Drogen? Mit absurden Abenteuersportarten? Das Leben riskieren – für nichts, „zieht nicht“. Der Dschihad aber, der lohnt sich in den Augen eines Muslim, der „mehr“ sucht. Wir Nichtmoslems können uns den Mund fusselig reden mit der Verteufelung ihrer Methoden, ihrer Gewalt, ihrer Brutalität und ihres Barbarentums. Wir können vernünftige und zivilisierte Gründe angeben, über „Menschenrechte und Demokratie“ dozieren, über die Gleichstellung der Geschlechter und die Koedukation, den Rechtsstaat und die Gewaltentrennung. Was davon kann eine Seele, die zutiefst religiös und kampfbereit ist, berühren? Was kann einen europäischen Muslim der zweiten Generation ansprechen, der auf der Suche nach seiner Identität ist, nach Werten und der nichts findet? Von alldem Gesagten findet er nichts und nochmals nichts.

Der islamische Fundamentalismus predigt, praktiziert und verherrlicht den Hass, die Rache, Grausamkeiten und Terror. Ja, wir sind im Recht, wenn wir ihn ablehnen und wir haben vernünftige Argumente. Die Islamisten sind barbarisch, unmenschlich und grausam. Ihr Verhalten widerspricht den grundlegendsten Regeln der menschlichen Natur. Das stimmt alles … Aber sie sind in ihrem Inneren überzeugt. Und nur Überzeugte überzeugen andere. Sie begehen große Irrtümer, aber sie sind überzeugt. Und wir im Westen? Sind wir eigentlich von irgendetwas überzeugt, in irgendetwas standhaft?

Im Grunde haben wir nur ein Einziges, das sie nicht haben; es ist das Einzige, das ihr Leben verändern könnte, und zwar auf genau die gleiche Weise, wie es unser Leben verändert hat oder verändern könnte. Ich denke an Jesus Christus, den Herrn. Keine andere Tür ist uns gegeben, kein anderer Name, keine andere Möglichkeit, vernünftig zu leben. Aber – wir geben Christus nicht weiter, es fällt uns gar nicht ein, Ihn anzubieten. Wären wir im Herzen überzeugt, so würde wahrscheinlich die Mehrheit der Islamisten ihr Verhalten trotzdem nicht ändern. Aber ich sehe eine reelle Möglichkeit, dass einige unter ihnen – Menschen guten Willens – sich überlegen würden, einen Schritt in Richtung Christentum zu machen. Wenn sie uns begeistert und erfüllt sähen, zutiefst standfest in unserem Glauben, wenn uns am Herzen läge, diesen Glauben weiterzugeben und auszubreiten, wie man es von jedem Getauften eigentlich erwarten könnte, wenn Christsein ein Synonym für „Verliebtsein in Gott“ bedeuten würde, wenn wir in der Kirche dem folgen, was uns Papst Franziskus ans Herz legt, anstatt ihn zu kritisieren, und uns von seiner Autorität in Richtung rechts oder links abbringen lassen…

Gott möge unser Herz öffnen, damit wir verstehen. Er möge uns segnen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

http://www.forumlibertas.com/frontend/forumlibertas/noticia.php?id_noticia=31475&id_seccion=72

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